Am 27. Januar 2025 wurde auf einer Gedenkveranstaltung vor dem großen Lagertor von Birkenau in Oświęcim an die Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau vor 80 Jahren erinnert. Der 80. Jahrestag wird einer der letzten sein, an dem Überlebende noch aktiv teilnehmen können. Ihre Stimmen standen als Mahnung und Auftrag im Mittelpunkt.  

Die Zeremonie begann mit einer Begrüßung durch Marian Turski, der die Bedeutung des Erinnerns hervorhob. Anschließend teilten Jannina Iwańska, Tova Friedman und Leon Weintraub, Überlebende des Lagers, ihre persönlichen Geschichten und erinnerten an die unvorstellbaren Gräueltaten, die sie erlitten hatten. Ihre Zeugnisse sind eindringliche Mahnungen an die nachfolgenden Generationen, die Schrecken des Holocausts niemals zu vergessen.  

Marian Turski hatte die Idee zur kommenden Ausstellung im Museum Zentrum für verfolgte Künste, die Werke von Marian Ruzsamki zeigen wird. Wenn es sein Gesundheitszustand zulässt, wird er persönlich zur Eröffnung nach Solingen kommen. Zudem schreibt er einen Artikel für den Ausstellungskatalog. Geboren wurde Turski am 26. Juni 1926 in Druskieniki, Polen (heute Druskininkai, Litauen) und war Häftling im Konzentrationslager Auschwitz. Turski ist Vorsitzender des Jüdischen Historischen Instituts in Warschau und des Internationalen Auschwitz Komitees. Seine berühmte Rede „Auschwitz warnt“ im Jahr 2020 beim 75. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz unterstreicht seine unermüdliche Arbeit gegen das Vergessen und für den Kampf gegen Antisemitismus und Rassismus.  

„Auschwitz ist nicht vom Himmel gefallen. Es begann mit kleinen Manifestationen von Intoleranz und Antisemitismus, mit Rassismus. Das ist es, woran man sich erinnern muss: Es begann nicht mit Gaskammern.“ - Marian Turski, 27. Januar 2020

Marian Turski hält eine kurze Rede und zitiert Gedichtzeilen.  

Die zweite Sprecherin, Janina Iwańska, geboren 1930 in Warschau, wurde nach dem Warschauer Aufstand als junge Polin in das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Sie hat ihr Leben der Erinnerung und Aufklärung gewidmet. Ihre bewegende Geschichte wurde von Delfina Jałowik in einem Buch festgehalten, das einen tiefen Einblick in ihr Schicksal und ihre Erfahrungen gewährt. Wir möchten sehr gerne eine Buchvorstellung mit Janina Iwańska in Solingen realisieren, um ihre Geschichte auch in Deutschland zugänglich zu machen und den Dialog über Erinnerung und Verantwortung weiterzuführen.  

Ein weiterer Bestandteil der Gedenkfeier war die Musik von Komponisten, die selbst Opfer des Holocaust wurden oder ihre Kunst in den Lagern fortführten. Stücke von Simon James, Józef Kropiński, Gideon Klein und Szymon Laks erinnerten daran, dass Musik und Kunst selbst unter unmenschlichen Bedingungen ein Mittel des Ausdrucks und des Widerstands blieben. Ihre Werke, oft unter Lebensgefahr komponiert, sind heute eindringliche Zeugnisse der Erinnerung.

Über 60 Delegationen beteiligten sich an der Gedenkveranstaltung. Deutschland wurde durch Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier vertreten. Der österreichische Bundespräsident Alexander Van der Bellen und der französische Präsident Emmanuel Macron nahmen an der Zeremonie teil. Kanada entsandte Premierminister Justin Trudeau, Großbritannien repräsentierte König Charles III. Weitere europäische Staatsoberhäupter und Mitglieder von Königshäusern waren angereist. Der Gastgeberstaat Polen war mit Präsident Andrzej Duda und Premierminister Donald Tusk hochrangig präsent.

Darüber hinaus waren Vertreter internationaler Institutionen vor Ort: Die Europäische Kommission, der Europäische Rat und das Europäische Parlament waren ebenso wie die NATO präsent. Die UNESCO wurde durch Generaldirektorin Audrey Azoulay vertreten, und für die Vereinten Nationen nahm Untergeneralsekretärin für politische und friedensfördernde Angelegenheiten, Rosemary DiCarlo, an der Gedenkfeier teil. Die Anwesenheit der internationalen Delegationen unterstrich die globale Bedeutung des Gedenkens an die Opfer des Holocaust und die gemeinsame Verpflichtung.

Für das Museum Zentrum für verfolgte Künste war es eine große Anerkennung, an dieser besonderen Gedenkfeier teilnehmen zu können. Als Museum, das sich der Erinnerung an verfolgte Künstlerinnen und Künstler widmet, ist es eine tägliche Verpflichtung, der Millionen Opfer des Holocaust und des NS-Terrors zu gedenken und die Bedeutung der Kunst als Ausdruck von Widerstand, Überleben und Erinnerung zu betonen.  

„Die Teilnahme an dieser Gedenkveranstaltung – gemeinsam mit so vielen Ehrengästen, aber auch mit unseren polnischen Kolleginnen und Kollegen, darunter die Direktorin des Bunkier Sztuki, Dr. Delfina Jałowik – bestärkt uns in unserer Arbeit im Zentrum für verfolgte Künste. Die Überlebenden haben uns heute daran erinnert, wie wichtig es ist, die Geschichten jener Menschen sichtbar zu machen, die unter den Nationalsozialisten verfolgt, entrechtet und ermordet wurden – darunter viele Künstlerinnen und Künstler, deren Werke heute zentrale Bestandteile unserer Sammlung sind. Der 80. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz ist nicht nur ein Tag der Erinnerung, sondern auch eine Mahnung: Die Geschichte verpflichtet uns, wachsam zu bleiben, gegen Antisemitismus, Rassismus und jede Form von Menschenfeindlichkeit einzutreten. Denn das Vermächtnis der Überlebenden darf nicht mit ihnen verstummen – es ist unsere Aufgabe, ihre Stimmen weiterzutragen.“ Dr. Jürgen Joseph Kaumkötter, Auschwitz-Birkenau, 27. Januar 2025

Die Gedenkveranstaltung endete mit dem Aufstellen von Kerzen für die Opfer. Die Überlebenden stellten vor dem großen Lagertor Kerzen auf, die ihnen junge Menschen brachten. Anschließend entzündeten auch die Staatsoberhäupter Kerzen. Als der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj seine Kerze brachte, erfüllte Applaus den Raum. Diese Veranstaltung unterstrich, welche Bedeutung das Erinnern für eine friedliche Gegenwart hat und wie wichtig die Verpflichtung jedes Einzelnen ist, die Lehren aus der Vergangenheit zu bewahren, um eine bessere Zukunft zu gestalten.